© Stefan Panhans Andrea Winkler

Eröffnung: Do, 29.09.2022, 19 Uhr
Laufzeit: Fr, 30.09. – Sa, 26.11.2022
Künstler*innen: Stefan Panhans & Andrea Winkler, mit einem Begleitprogramm von Sunny Pfalzer
Kuratorin: Katharina Brandl

Angeblich stehen wir unter Beschuss. Sind es nicht Viren, dann sind es Geflüchtete, die in der politischen Rhetorik zu aufbrausenden Wellen wurden, ist es nicht der Klimawandel und das drohende Ende der Welt, sind es die sich wiederholenden Finanzmarktkrisen. Man liebäugelt damit, Mauern zu bauen, den eigenen CV unter dem Schlagwort des „lebenslangen Lernens“ immer weiter zu trimmen und jeden Cent wegzulegen – alles mit dem Ziel des persönlichen Risikomanagements angesichts systemischen Versagens.

HIIT ist das Akronym für einen Fitnesstrend, dem „Hochintensiven Intervalltraining“. Das Zirkeltraining verspricht „explosive“ Übungen, die effizient – mit größtem Output und geringem Zeitaufwand – Ergebnisse liefern sollen. Auf unser aller Navigieren in den Zeiten großer Unsicherheit bezogen, lässt uns dieser Trainingstrend fragen: Können wir überhaupt so viel trainieren, uns so gut anpassen, dass wir unserer krisenhaften Gegenwart standhalten können? Die Ausstellung HIIIIIIIT von Stefan Panhans und Andrea Winkler zeugt von dem Paradigma sozialer und individueller Wehrhaftigkeit unserer Gegenwart (inklusive der damit einhergehenden Überforderung) – gespiegelt in den Modi seines individuellen Vollzugs.

Stefan Panhans und Andrea Winklers künstlerische Praxen kreuzten sich immer wieder; Andrea Winkler stattete etwa Stefan Panhans Videos aus und prägt damit seine Bewegtbilder, Stefan Panhans filmischer Blick wirkte auf Andrea Winklers plastische und installative Praxis. Seit 2017 arbeiten die beiden Künstler:innen vermehrt in expliziter Kollaboration und schufen durch ihre Zusammenarbeit eine Reihe an überzeugenden Videoinstallationen, die neben Arbeiten der beiden Künstler:innen erstmals in einer Duo-Ausstellung in Wien gezeigt werden.

In ihrer Zweikanal-Videoinstallation Border Control (2021) untersuchen und transformieren sie in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Tänzerinnen performativ etwa Trainingseinheiten von Grenzschutztruppen an der österreichischen Südgrenze, Einschulungen von neuen Mitarbeiter:innen von Security-Unternehmen und militärische ‚Bootcamps‘. DEFENDER (2021), eine Videoperformance mit Musical-Anleihen, trieft vor rastlos und fast wie besessen vorgetragenen, gesprochenen und gesungenen Slogans fortlaufender Selbstoptimierung von (spirituellen) Motivationstrainern sowie Textpassagen aus SUV-Werbungen, die erstaunliche Parallelen dazu aufweisen. In der Miniserie und Installation HOSTEL (Stefan Panhans, 2018, Regieassistenz und Ausstattung Andrea Winkler) performen fünf Kulturarbeiter:innen die Sisyphos-Aufgabe des Überlebens im Kulturbetrieb.

Die Ausstellung spiegelt individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen von Risikomanagement und Wehrhaftigkeit und fragt: Wie vollziehen wir unsere zwanghaften Versuche der Absicherung gegen chronische, systemische Krisen unter den Bedingungen einer neoliberalen Gesellschaftsform, die so gut wie jegliche Verantwortung für Erfolg oder Scheitern immer stärker in die Individuen selbst verlegt und nur ein Ziel kennt: ein vermeintliches wirtschaftliches Wachstum?

Stefan Panhans lebt und arbeitet in Hamburg und Berlin. Er arbeitet vor allem mit den Medien Video und Fotografie und untersucht in seiner Praxis die mediale Prägung unserer Gegenwart, die (Macht-)Struktur hinter Prozessen der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unser Denken und unsere Körper. Seine Arbeiten wurden neben diversen Filmfestivals unter anderem im Haus am Waldsee, Berlin, dem La Panacée, Montpellier, dem Museum für Gegenwartskunst Siegen, im mumok kino, im EAV Parque Lage, Rio de Janeiro, den Deichtorhallen Hamburg, der Fluentum Collection, Berlin, der Camera Austria, Graz, dem Goethe-Institut in Porto Alegre, dem W139 in Amsterdam oder im Edith-Russ-Haus für Medienkunst gezeigt.

Andrea Winkler lebt und arbeitet in Hamburg und Berlin. Die Künstlerin arbeitet vor allem in raumgreifenden Installationen, die szenographisch wirken. Sie rekontextualisiert die Semantik von Objekten, die choreografisch in den öffentlichen Raum eingreifen, wie Absperrbänder oder Ketten. Winkler hat an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und an der Slade School of Fine Art in London studiert. Ihre Arbeiten waren unter anderem im n.b.k. und in der nGbK, beide in Berlin, im Kunsthaus Aarau, bei Devening Projects, Chicago, in der Shedhalle Zürich, dem Kai 10 | Arthena Foundation Düsseldorf, dem Frankfurter Kunstverein, der Neuen Kunsthalle St. Gallen und der Istanbul Modern zu sehen.

Ihre jüngsten gemeinsam produzierten Arbeiten wurden bisher in Einzel- und Gruppenausstellungen und Festivals unter anderem im HMKV, Dortmund, dem Tabakalera, International Centre for Contemporary Culture, San Sebastian, der Transmediale im HKW Berlin, bei den Rencontres Internationales Paris/Berlin und der Videonale im Kunstmuseum Bonn gezeigt und werden 2022 zum Beispiel im Kunstnernes Hus, Oslo, der Kunsthalle Nürnberg und dem Kunstverein Rosa Luxemburg Platz in Berlin zu sehen sein.

    Für vertiefende Informationen zur Ausstellung laden wir Sie ein, einen Blick in die begleitende Broschüre zu werfen.

     

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